Im Rahmen des Bundeswettbewerbs für politische Bildung beschäftigt sich das Aufbaugymnasium aktuell mit dem Thema „Rechtsextreme Inhalte im Netz: Wer macht was und reicht das?” Einer der Aspekte zur Erstellung des 7-minütigen Podcasts ist die Befragung von Experten.

Hierzu hatten wir die Möglichkeit uns mit Wolfgang Reich, Polizeihauptkommissar (PHK) der Polizei Mannheim, zu unterhalten. Er ist dort mit der Extremismus-Prävention für Mannheim, Heidelberg und den Rhein-Neckarkreis betraut. Zudem ist er für den Themenbereich „Interkulturelle Kompetenz“ zuständig und an vielen interkulturellen Projekten beteiligt.

Herr Reich erklärte zu Beginn, dass die Hauptarbeit der Polizei aus zwei wesentlichen Aufgaben bestehe: der Strafverfolgung einerseits sowie der Gefahrenabwehr und Prävention andererseits.

Er selbst habe in diesem Jahr bereits schon über 160 Präventionsveranstaltungen zu vielfältigen Themen, wie u. a. „Religiös motivierter Extremismus“, Antisemitismus-Prävention, Rassismus-Prävention, Rechtsextremismus-Prävention und „Extremistische Propaganda erkennen und hinterfragen“ umgesetzt und hierbei ca. 4600 Personen zu diesen Themen sensibilisiert.

Wir hatten verschiedene Fragen vorbereitet; unsere Sorge, es könnte vielleicht zu umfangreich sein, zerstreute PHK Reich mit einem entspannten: „Ich nehme mir die Zeit, die es braucht!“

Zunächst erhielten wir Einblick in ein paar grundlegende Aspekte: dass rechtsextreme Inhalte im Netz polizeirelevant sind, sobald extremistische Botschaften und Propaganda zu erkennen sind, wie z.B. die Verwendung eines Hakenkreuzes. Bezüglich der Bestrafung erläuterte unser Experte, dass es von einer reinen Geldstrafe über eine Freiheitsstrafe mit Bewährung oder bei Verbrechen bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe gehen kann.

Wie hat sich die Entwicklung von Extremismus in den vergangenen Jahrzeiten vollzogen…

…und was können / sollen neue Medien und Plattformen dagegen tun? Was kann ich persönlich tun? Fragen, die es unbedingt für unseren Podcast zu klären galt.

Grundsätzlich sehe man eine zunehmend ernste Entwicklung in den letzten Jahren: vom Verteilen von Flyern Anfang der 90er Jahre über eine inzwischen vielfältige Musikszene, der Einladung zu Sportevents bis hin zu heutigen Kochtutorials, in welchen dann plötzlich beleidigende oder volksverhetzende Begrifflichkeiten fallen und extremistische Ideologie auftaucht, so Reich. Ziel der Extremisten sei es, andere Menschen, oftmals auch fokussierend auf junge Leute, zunächst zu affinisieren und dann zu radikalisieren. Eine Radikalisierung an sich sei zunächst zwar mit Gefahren behaftet, aber noch nicht strafrechtlich relevant. Sie wird jedoch schnell zum Extremismus, sobald die Grenzen der „Freiheitlich Demokratischen Grundordnung“ überschritten werden und andere Menschen abgewertet, verletzt und ausgrenzet werden. Dies gilt auch, sobald ein Angriff auf unsere demokratischen Werte erfolgt.

Hier sei es wichtig, Screenshots zu machen, möglichst viele Beweise zu sichern und umgehend Anzeige zu erstatten. Gleichzeitig solle man den Anbieter informieren, welcher bei Nichtstun laut europäischer Gesetzgebung mit mehreren Millionen Bußgeld belegt werden kann. Jeder Einzelne sei in der Pflicht, mit offenen Augen durch das Netz zu gehen, sich seiner Bubble, in welche man unabdingbar durch Algorithmen gerät, bewusst zu sein; jedoch alle Botschaften zu hinterfragen und möglichst andere Meinungen einzuholen. Extremisten bedienen sich oftmals Verschwörungserzählungen und wollen Ängste wecken. Hierdurch wollen sie Zweifel an unserem demokratischen System wecken und dieses destabilisieren. Dies gilt es zu erkennen und gezielt zu hinterfragen.

Auf die Frage nach einer bestimmten Verteilung verschiedener extremistischer Ansichten antworte PHK Reich, dass es grundsätzlich allen extremistischen Gruppieren um die gleichen Dinge gehe: man habe zumeist das/die gleichen oder zumindest ähnliche Feindbilder, verbreite meist Verschwörungserzählungen und strebe zunehmend nach Geld, Einfluss und Macht. Zudem soll unsere Demokratie dauerhaft an Vertrauen verlieren und destabilisiert werden. Letztendlich dient dies dann zur Etablierung einer autoritären Diktatur.

Auch die Meinungsfreiheit hat Grenzen

Wichtig: Die Meinungsfreiheit, festgeschrieben im Artikel 3 des Grundgesetzes, ist ein hohes Gut. Jene Freiheit des Einzelnen ende jedoch dort, wo Rechte eines Anderen, beispielsweise im Sinne von Beleidigungen oder Volksverhetzung, angegriffen werden.

Auf die Frage, wie die Möglichkeiten der Polizei bezüglich der Bekämpfung extremistischer Inhalte im Netz gesehen wird, konstatierte PHK Reich, dass er die Polizei sehr wirksam und gut aufgestellt sehe. Wichtig sei aber, dass der rechtliche Rahmen immer an aktuelle Phänomene angepasst werde, dass eine konsequente Anwendung der Gesetze vollzogen werde und die personelle und technische Ausstattung angemessen sei.

Wir möchten uns nochmal ganz herzlich bei Polizeihauptkommissar Reich für seine Zeit und Expertise bedanken!

Wenn ihr einen genaueren Einblick in das Projekt haben möchtet, freut euch auf unseren Podcast, welcher im Dezember erscheinen wird!