In einer Zeit, in der sowohl die Aussicht auf den kurzzeitigen Verlust zweier Sinne als auch die momentan ungewisse Situation der schon länger andauernden Coronapandemie uns gefordert hat, wird einem sehr bewusst, wie wichtig die eigene Wahrnehmung für den Genuss unseres Umfelds ist. Verlören wir alle Sinne, könnten wir unsere Umwelt nicht mehr wahrnehmen und dadurch begreifen.

Die fünf bekannten Sinne – Geschmack, Geruch, Gehör, Gefühl und das Sehen – sind nur die bekanntesten Empfindungen, auch das Fühlen verschiedener Temperaturen oder das Schmerzempfinden wäre durchaus als ein Sinn zu sehen. Biologisch aufgefasst zeigen uns Tiere, z.B. die blinde Fledermaus, wie man das Fehlen eines Sinnes clever ausgleichen kann. Mit Hilfe von Schallwellen, die an Widerständen abprallen und wieder zurück geworfen werden, kann sich das kleine Tier eine Vorstellung von der Welt machen; anders als wir, aber dennoch so informativ, dass es davon überleben kann. Manches Tier ist uns wohlgemerkt sogar weitaus überlegen, manche können mehr Farben wahrnehmen und andere wiederum sogar Magnetfelder spüren.

Sinne gehen Hand in Hand mit Emotionen. Nicht schmecken zu können hieße, nicht mehr das liebste Gericht genießen zu können, das aus der Hand eines geliebten Menschen entstammt. Auch Gerüche und Berührungen können tiefe Emotionen freisetzen und Erinnerungen wecken.

Für die Welt der Kunst sind die Sinneswahrnehmungen essentiell. Wie würden Kunstwerke für Blinde eigentlich aussehen? Vor einigen Jahren sah ich zu dieser Frage eine Arbeit im Kunstmuseum, die sich genau damit beschäftigte. Hier wurde der Versuch gemacht, ein expressionistisches Gemälde einem blinden Menschen zugänglich zu machen, indem dieser ein Relief, das die Formen des Gemäldes durch unterschiedliche Höhenniveaus darstellte, zu erfühlen. Farben jedoch blieben dem Erfühler so leider weiter verschlossen.

Pandemiebedingt ist unsere diesjährige Ausstellung „still“ und digital, dennoch soll der nachfolgende Text einige ausgewählte Werke begreifbarer machen.

Preis für ein sehr überzeugendes Werk
Den diesjährigen Preis für ein sehr überzeugendes Werk zum Thema Sinne erhielt Malte aus der 10. Klasse des Aufbaugymnasiums. Wie Malte auf die Idee für sein Werk kam und was ihn dazu bewegte, beschreibt er kurz in eigenen Worten:
“Entscheidend war für mich nicht nur einen unserer Sinne zu gestalten, sondern durch mein Kunstprojekt viele verschiedene Sinne widerzuspiegeln. Durch meine Arbeit habe ich das TASTEN auf Acrylstrukturen, das RIECHEN von Lavendel und das HÖREN von Tönen den Sinnen zugeordnet. Die verwendeten Materialien sind eine Ansammlung aus meinem Umfeld. Wie zum Beispiel die Chili, welche mir beim Kochen auffiel, die optische Täuschung beim Lesen einer Zeitschrift, der Lavendel im Garten oder die Spieluhr in der Krimskrams-Kiste. Die Anordnung der Sinneskästchen ist daraus entstanden, alle Sinne auf einer nicht zu großen Fläche zusammen zu fassen. Das Quadrat als Form hat mir zu diesem Zeitpunkt am besten gefallen.“

Die Tonaufgabe „Ohren“ führte u.a zu einer transformierten Ohrmuschel, die sich als Müslischale eignet. Man hört das Knuspern und Schmatzen, das wahrscheinlich zu erwarten wäre:

Potpourri an Arbeiten
Über das Jahr hinweg entstanden immer wieder Arbeiten im digitalen Unterricht, die sich mit dem Thema beschäftigten, auch arbeiteten die Schüler*innen teilweise selbst an ihren eigenen Ideen. Daraus resultierte ein spannendes Potpourri an sehr unterschiedlichen Arbeiten aus ganz verschiedenen Bereichen und Medien. Dazu zählen Fotoarbeiten, die das Schlaraffenland aus Süßigkeiten, Salzstangen und anderen Naschereien bildlich daheim nachstellten. Wahrscheinlich war auch der spätere Verzehr der eigenen Arbeit ein Genuss.

Andere Arbeiten gehen ganz nah mit der Kameralinse an das Objekt heran.

Isabelle aus der 8. Klasse schrieb über ihre Arbeiten:
“Ich bin für mich alleine und erschaffe etwas Neues. Jeder Pinselstrich bringt mich weiter und führt mich durch eine Reise verschiedener Gefühle. Oft empfinde ich dabei ein Glücksgefühl und manchmal bin ich aber auch frustriert, weil es nicht so aussieht, wie ich es haben will. Aber jeder Künstler, dabei geht es hier nicht nur um die Kunst, kennt das Gefühl sicher. Man erwartet zu viel von sich und wenn es nicht gleich so aussieht, wie man es haben will oder wenn es einem nicht richtig erscheint, dann zweifelt man an sich selbst und überlegt vielleicht sogar aufzugeben. Mir geht es zumindest auch oft so.

Was mich dann aber davon abhält aufzugeben? Ich sage mir dann immer „Trust the process“ (Vertraue dem Prozess). Alles muss nämlich einen Anfang haben, bevor es zum Ende kommen kann. Vielleicht gefallen mir meine Kunstwerke anfangs nicht, aber ich arbeite dann daran, bis mir das Ergebnis gefällt.

Bei meiner Ausstellung „New Feelings“ handelt es sich um eine Mischung aus verschiedenen Kunstmedien. Das heißt, das ich für die Bilder unterschiedliche Mittel benutzt und gemischt habe, (wie zum Beispiel Acryl-Farben, „Edding“/ Paint Marker, Farbsprays, Wachsmalstifte und Papiere für Collagen, die ich teilweise auch selbst besprüht habe). Hierbei ging es darum, neue Sachen und Gefühle zu erforschen, mich vom Gewohntem loszulösen und vor allem keine Grenzen zu sehen.”

Alle Werke sind noch bis Ende des Schuljahres im Gebäude ausgestellt.