Die Klassen 9b und 9d hatten die einmalige Gelegenheit, Geschichte hautnah zu erleben: Kuno Schnader, Geburtsjahrgang 1928, stattete uns einen Besuch ab, um aus seinem Leben zu berichten und sich den Fragen der Schüler*innen zu stellen.

Kuno Schnader, dessen Kindheit, Jugend und junges Erwachsenendasein geprägt von Nationalsozialismus und Nachkriegszeit ist, begann damit, einen Überblick über sein bewegtes Leben zu geben. Er selbst schilderte eindrücklich seine „Jugend unter dem Hakenkreuz“, in welcher er Zeuge des Aufstiegs des Nationalsozialismus und Ausbruch des Zweiten Weltkrieges war. Die Schüler*innen lauschten bewegt Herrn Schraders Schilderungen über die anfängliche Begeisterung der Kinder über Geländespiele und auch von einer gewissen Faszination und Begeisterung der Jugend für die NSDAP, was er unter dem Schlagwort „Irre geführt und geblendet“ zusammenfasste.

Plötzlich ist alles anders
Für ihn persönlich änderte sich dies spätestens 1943, als auch an seiner Schule der Unterricht eingestellt wurde und die Jugendlichen zu diversen Kriegsdiensten verpflichtet wurden. Laut eigener Aussagen begann er mit spätestens 16 Jahren an der Ideologie des Nationalsozialismus zu zweifeln, als die Auswirkungen dieser Schreckensherrschaft auch in seinem engsten Familienumfeld Auswirkungen zeigten.

1944 wurde Kuno Schnader als Luftwaffenhelfer bei der Flugabwehr eingesetzt, als er 1945 mit 17 Jahren zur Wehrmacht einberufen wurde, beging er Fahnenflucht. Die bedingungslose Kapitulation im Mai 1945 empfand der heute 95-jährigen dementsprechend auch als Befreiung. Auch seine Schilderungen über die Nachkriegszeit zeigten den Neuntklässler*innen deutlich, dass die Auswirkungen des Nationalsozialismus verheerend waren.

Frieden ist fragil
Immer wieder kam dabei Kuno Schnaders eindrückliche Mahnung zutage, dass man sich immer für Frieden einsetzen solle und dass jeder Krieg nur Leid über die Menschen bringe. Ein Ereignis habe ihn dahingehend besonders geprägt: Russische Soldaten (die in Kriegsgefangenschaft geraten waren) legten sich bei Artillerie- und Bombenangriffen über die deutschen Soldaten (darunter auch Kuno Schnader) und bilden damit für die deutschen Soldaten einen Schutzschild vor potenziell tödlichen Splittern.

Über diese Begegnung äußert er eine bis heute empfundene Dankbarkeit und Verwunderung, wie „menschlich“ der „Feind“ sei und spüre bis heute deswegen eine Verbundenheit zu Teilen der russischen Bevölkerung   Daran anknüpfend berichtete er auch über seine heute noch enge Verbindung zu Russland, wo er sich bis heute mit vielen Hilfsprojekten einbringt, um vor allem Kinder und Jugendliche zu unterstützen. Dabei zeigte er eine klare Haltung gegen Putins Angriffskrieg, den man nicht fälschlicherweise der gesamten Bevölkerung zuschreiben dürfe.

Gesprächsrunde mit Schüler*innen
Zum Abschluss bekamen die Schüler*innen noch Gelegenheit, Fragen zu stellen. Besonders interessant schien hier zu sein, wie sich das Leben im Nationalsozialismus als Jugendlicher tatsächlich angefühlt hat und wie sich Kuno Schnader und seine Familie dazu verhalten haben. In dieser Gesprächsrunde wurde aber auch deutlich, dass der ehemalige Lehrer bis heute ein bewegtes Leben führt und sich in verschiedensten Rollen für die Gesellschaft einbringt, sei es als Organist, Pfarrgemeinderatsmitglied oder als Mitarbeiter im Arbeitskreis Heimatgeschichte.

Auch die Beschäftigung mit der jüngeren Vergangenheit ist ihm ein Anliegen: Er verfasst gerade eine Chronik über das 50-jährige Bestehen der Fusion der Ortsgemeinde St.Leon-Rot und hat gemeinsam mit mehreren Zeitzeugen (WK II und Nachkriegszeit) über den deutschen Artillerieangriff auf Sankt Leon-Rot das Buch „Der Tag des Schreckens“ geschrieben.

Die zwei Stunden vergingen durch Kuno Schnaders bildreiche Schilderung seiner persönlichen Geschichte, die untrennbar mit der Geschichte des Nationalsozialismus verwoben ist, wie im Fluge.

Für die Bereitschaft dieses wichtigen Zeitzeugen, seine Geschichte mit unseren Schüler*Innen zu teilen, bedankte sich zum Abschluss Dr. Dirk Lutschewitz und mahnte dabei die Schüler*Innen, dass es die Pflicht eines jeden sei, niemals die Schrecken des Krieges zu vergessen. Kuno Schnader ergänzte dies um die Forderung, dass es auch aktuell wichtig sei, sich für den Frieden einzusetzen und beendete damit das Zeitzeugengespräch mit bewegenden Worten.

Herzlichen Dank für den Besuch!

Foto: Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst